Le Havre, France - June 16, 2021: Brand new Citroën AMI electric license-free microcars are lined up outdoors in the parking lot of the roll-on/roll-off (ro-ro) terminal of Le Havre port.

Minimobilität: Was sind Leichtfahrzeuge und warum brauchen wir sie?

Immer mehr elektrische Leichtmobile wie der stylische Microlino oder der minimalistische Citroën Ami (im Titelbild) kommen auf den Markt – ein krasser Gegensatz zum immer noch ungebrochenen SUV Trend. Doch was sind Leichtfahrzeuge eigentlich und wie können „Mopedauto“ und Co zur Verkehrswende beitragen?

Die einfache Antwort würde wohl lauten: Alles, was schwerer als ein Fahrrad und leichter als ein herkömmlicher PKW ist – es steckt jedoch noch einiges mehr dahinter. Dieser Post behandelt die wichtigsten Aspekte rund um die Miniautos von Definition über Einsatzzwecke bis zu Unterschieden zum klassischen Auto. 

Microlino 2.0
Der Microlino 2.0 – ein echter Winzling im Vergleich © Microlino AG

Die Fahrzeugklasse L

Wer den Begriff der Leichtfahrzeuge im europäischen Raum ganz genau eingrenzen will, kommt an der EU-Verordnung mit dem wohlklingenden Namen VERORDNUNG (EU) Nr. 168/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeuge“ nicht vorbei.

Diese etabliert im Anhang 1 die L-Klasse für zwei, drei- und vierrädrige Kraftfahrzeuge und unterteilt diese in 7 Unterklassen – vom Pedelec bis zum Microauto, oder in EU-Sprech: vom leichten zweirädrigen Kraftfahrzeug bis zum schweren vierrädrigen Kraftfahrzeug.

Explizit nicht zu den Fahrzeugen der L-Klasse zählen laut Verordnung beispielsweise

  • fußgängergeführte Fahrzeuge (z.B. Tretroller)
  • Mobile für körperbehinderte Personen
  • land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge
  • Fahrzeuge für den Offroad-Betrieb
  • Fahrzeuge mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit von unter 6 km/h

Einstufungskriterien für die L-Klassen

Neben dem Gewicht bzw. genauer gesagt der „Masse in fahrbereitem Zustand“ sind u.a. auch die Abmessungen Länge, Breite und Höhe entscheidend für die Einstufung als Leichtfahrzeug, sodass sich 7 Klassen mit jeweiligen Unterklassen ergeben. Übergreifend für alle Klassen gelten maximale Maße von 4 m in der Länge, 2 m in der Breite und 2,5 m in der Höhe. In der folgenden Tabelle habe ich die Bestimmungen der Verordnung zur Übersicht etwas vereinfacht zusammengefasst.

KlasseBezeichnung der KlasseEinstufungskriterien (Auswahl)Beispielfahrzeuge
L1eLeichtes zweirädriges Kraftfahrzeug2 Räder, Höchstgeschwindigkeit ≤  45 km/h, Hilfsantrieb bis ≤ 25 km/h, Hubvolumen von ≤ 50 cm3 bei FremdzündermotorS-Pedelecs, Mofas, Roller
L2eDreirädriges Kleinkraftrad3 Räder, Höchstgeschwindigkeit ≤  45 km/h, Hubvolumen von ≤ 50 cm3 bei Fremdzündermotor, Masse1 ≤ 270kg, weitere Unterteilung nach Auslegung zur Güter-/PersonenbeförderungCarver, Lastentrikes, ONO Trike
L3eZweirädriges Kraftrad2 Räder, weitere Unterteilung nach niedriger/mittlerer/hoher LeistungMotoroller, Motorräder
L4eZweirädriges Kraftrad mit BeiwagenL3e-Basisfahrzeug mit Beiwagen, maximal 4 SitzplätzeMotorräder mit Beiwagen
L5eDreirädriges Kraftrad3 Räder, Masse ≤ 1000 kg, kein L2e-Fahrzeug, weitere Unterteilung in private/gewerbliche NutzungsmöglichkeitTrikes, neue Fahrzeuge wie Nobe
L6eLeichtes vierrädriges Kraftfahrzeug4 Räder, Höchstgeschwindigkeit ≤  45 km/h, Masse ≤  425 kg, Hubvolumen von ≤ 50 cm3 bei Fremdzündermotor, höchstens 2 Sitzplätze, weitere Unterteilung nach Auslegung zur Güter-/PersonenbeförderungMopedautos wie Citroen Ami, Aixam, Tazzari Zero
L7eSchweres vierrädriges Kraftfahrzeug4 Räder, Masse ≤  450 kg (Personenbeförderung) bzw. ≤  600 kg (Güterbeförderung), weitere Unterteilung nach Lenkmöglichkeit, Bodenfreiheit und Einsatzzweck in Straßen-/Geländequads und Vierradmobile zur Personen-/GüterbeförderungMicrolino, Twizy 90
1 – Masse in fahrbereitem Zustand, exklusive Antriebsbatterie

Wie Fahrzeuge der Klassen beispielsweise aussehen, zeigen die folgenden Abbildungen. Die Klassen L1e bis L4e ähneln noch mehr den bekannten Krafträdern bzw. Motorrädern.

Klasse L1e

Klasse L1e: Unu Elektroroll

unu Elektroroller

© unu GmbH

Klasse L2e

ONO Lastentrike der Klasse L2e

ONO Lastendreirad

© ONOMOTION GmbH

Klasse L3e

Klasse L3e: BMW R1250 Motorrad

BMW R1250 Motorrad

© BMW Group

Klasse L4e

Klasse L4e: Motorrad mit Beiwagen

Motorrad mit Beiwagen

© Pixabay

Die Klassen L5e bis L7e hingegen erinnern mit ihren drei- und vierrädrigen Fahrzeugen schon mehr an kleine Autos.

Klasse L5e

Klasse L5e: Piaggio Ape bei der Paketauslieferung

Piaggio Ape

© Piaggio Group

Klasse L6e

Klasse L6e: Citroen Ami

Citroën Ami

© Stellantis

Klasse L7e

Klasse L7e: Microlino Dolce Edition

Microlino

© Microlino AG

Tatsächlich liegt der Fokus im aktuellen öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs zu Leichtfahrzeugen als PKW-Alternative meist auf den drei- und vierrädrigen Leichtfahrzeugen. Ein Grund dafür ist, dass die Leichtfahrzeuge der Klasse L1e meist den Fahrrädern zugerechnet werden. Die zweirädrigen Leichtfahrzeuge der Klassen L3e, L4e und L5e sind als Motorräder und Motorroller, auch mit Beiwagen, bereits als eigene abgegrenzte Kategorie im Sprachgebrauch verbreitet und werden außerhalb von Gesetzestexten nur selten als zweirädrige Leichtkraftfahrzeuge bezeichnet. Für die noch weniger auf den Straßen vertretenen drei- und vierrädrigen Leichtfahrzeuge haben sich im Sprachgebrauch verschiedene Bezeichnungen entwickelt.

Mopedauto, Microcar und Trike – Bezeichnungen für Leichtfahrzeuge

Drei- und vierrädrige Leichtfahrzeuge werden beispielsweise auch als Mopedautos, Leichtmobile, Leichtauto, Miniautos oder Microcars bezeichnet. Auch der Begriff Kabinenroller wird für einige Modelle verwendet, deren Aussehen mehr an einen Roller als an ein Auto erinnert, zum Beispiel aufgrund des Verhältnisses von Fahrzeughöhe zu Länge. Etwas despektierlich werden die vierrädrigen Miniautos manchmal auch als „Rentnerauto“ bezeichnet.

Renault's modern compact conceptual ecological car is parked on a city street.
Der Renault Twizy – eines der bekanntesten elektrischen Leichtmobile (Klasse L6e bzw. L7e) © franz12 – stock.adobe.com

Die dreirädrigen Vertreter werden auch als Trikes bezeichnet. Dreirädrige Leichtfahrzeuge für den Warentransport sind auch als Lastendreiräder oder Lastentrikes bekannt.

Weiterhin ist zu beachten, dass die L-Klasse nur in der EU definiert ist. Darüber hinaus gibt es weltweit zahlreiche verschiedene Definitionen und Bezeichnungen für Leichtfahrzeuge, die sich teilweise an der L-Klasse orientieren, teilweise aber auch völlig anders gestaltet sind. Mehr dazu gibt es demnächst in einem weiteren Blogpost. Hier gehe ich nun noch darauf ein, was Leichtfahrzeuge denn wesentlich vom herkömmlichen Auto, dem Personenkraftwagen der Klasse M, unterscheidet.

Leichtfahrzeug vs. PKW – die Unterschiede

Neben den kleineren Dimensionen und der Motorisierung gibt es auch regulatorische Besonderheiten, sodass sich ein Blick auf die Unterschiede von PKW und Leichtmobil durchaus lohnt.

Sicherheit von Leichtfahrzeugen

Rein optisch verschwimmen die Unterschiede zwischen drei- und vierrädrigen Leichtfahrzeugen und herkömmlichen PKW zunehmend. Die Modelle von Aixam oder Ligier etwa ähneln den bekannten Kleinwagen. Doch die größten Unterschiede liegen unter der Haube. Leichtfahrzeuge sind zumeist deutlich schwächer motorisiert – immerhin gelten in den meisten Klassen Höchstwerte für Nennleistung und Höchstgeschwindigkeit. Lediglich die Klasse L7e bildet eine Ausnahme und erlaubt auch höhere Geschwindigkeiten. 

Das Chassis der meisten Miniautos ist als Rohrrahmen konstruiert. Die Verkleidung ist bei günstigen Modellen wie dem Citroën Ami bzw. Opel Rocks-E zudem zumeist aus Kunststoff. Ein derartiger Leichtbau senkt zwar die Kosten und das Fahrzeuggewicht, dies geht jedoch zulasten der Sicherheit und des Fahrkomforts. Demgegenüber setzen neuere, hochpreisigere Modelle wie der Microlino zunehmend auf selbsttragende Karosserien, um an das Sicherheitsniveau herkömmlicher PKW aufzuschließen. Jedoch ist die Durchführung von Crashtests für Fahrzeuge der L-Klassen immer noch optional und derartige Tests werden nur auf freiwilliger Basis, beispielsweise vom Hersteller Aixam, durchgeführt – leider mit mäßigem Erfolg. Im Crashfall bedeutet das weiterhin Nachteile für die leichten Miniautos, da gerade mit der zunehmenden Verbreitung von SUV nicht selten Gewichtsverhältnisse von 4:1 oder mehr wirken – mit fatalen Folgen für Leichtmobilfahrer:innen.

Rohrrahmen-Chassis des Microlino 1.0
Rohrrahmen-Chassis des Microlino 1.0
© Microlino AG
Unibody-Chassis des Microlino 2.0
Unibody-Chassis des Microlino 2.0

Darüber hinaus sind Sicherheitsfeatures wie ABS oder Airbags für Leichtfahrzeuge nicht vorgeschrieben. Während Microlino und Citroën Ami bzw. Opel Rocks-E darauf verzichten, verfügen alle Modelle von Aixam wenigstens über ABS und der Microcar M.Go 6 kann optional mit AirBag ausgerüstet werden. 

Mit Ausnahme von Motorrädern der Klassen L3e, L4e und L5e (über 125 cm³) sowie Miniautos der Klasse L7e entfällt außerdem die Pflicht zur Hauptuntersuchung (TÜV). Damit bleibt die funktionale Sicherheit vieler Leichtfahrzeuge auf den Straßen unüberwacht. Es gibt allerdings Pläne seitens des Europäischen Parlaments, eine Pflicht zur technischen Überwachung für Mofas und Roller bis 125 cm³ einzuführen. Ob und wann der Mofa-TÜV tatsächlich kommt und inwiefern auch vierrädrige Leichtfahrzeuge der Klasse L6e betroffen sind, bleibt abzuwarten.

Kosten von Leichtfahrzeugen

Auch finanziell bieten Leichtfahrzeuge einige Vorteile. Im Vergleich zum PKW ist der Anschaffungspreis im Schnitt deutlich geringer und somit auch für Personen mit geringerem Einkommen attraktiv. So kostet ein Opel Rocks-E knapp unter 8.000€, während selbst der günstigste Smart ForTwo noch über 20.000€ kostet. Selbst hochwertigere Mikroautos der Klasse L7e wie der Microlino (ab ca. 15.000€) sind im Vergleich immer noch günstiger und bewegen sich preislich im Bereich der Kleinstwagen wie Toyota Aygo (ab 15.890€) und Fiat 500 (ab ca. 16.990€). 

Motorisierte Zweiräder bis 125 cm³ und Mopedautos der Klasse L6e müssen nicht zugelassen werden, daher entfällt für sie neben der HU-Pflicht auch die Kfz-Steuer. Sie benötigen außerdem lediglich ein Versicherungskennzeichen der Haftpflicht- und optional Teilkaskoversicherung. Die Tarife sind mit oft deutlich unter 100€/Jahr erheblich günstiger als für größere PKW. 

Führerscheinanforderungen für Leichtfahrzeuge

Krafträder bis 50 cm³ (Klassen L1e-B, L2e) und L6e-Miniautos dürfen mit einem Führerschein der Klasse AM (umgangssprachlich Rollerführerschein) gefahren werden.  In vielen Bundesländern, darunter Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, darf der Führerschein der Klasse AM bereits mit 15 Jahren erworben werden. In den anderen Bundesländern gilt ein Mindestalter von 16 Jahren. Damit sind Leichtfahrzeuge als Mittel für eine individuelle Mobilität auch für Jugendliche attraktiv. Umso mehr gilt dies dort, wo der ÖPNV wenig ausgebaut ist und die Jugend sonst lange auf das Elterntaxi angewiesen wäre. Allerdings sind hier die geringeren Sicherheitsanforderungen von Leichtfahrzeugen gerade für Fahranfänger oder bei alkoholisierten Fahrten (z.B. von der Dorfdisko nach Hause) im Falle eines Unfalls ein Nachteil. 

Einsatzzwecke von Leichtfahrzeugen

Ebenso wie Fullsize-Autos können drei- und vierrädrige Leichtfahrzeuge für verschiedenste Zwecke sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich zum Einsatz kommen. Einige davon stelle ich in den folgenden Abschnitten vor, es kommt aber bestimmt auch nochmal ein gesonderter Blogpost zu gewerblichen Einsatzzwecken, da eine vollständige Auflistung hier den Rahmen sprengen würde.

Privater Einsatz von Leichtfahrzeugen

Obwohl Miniautos deutlich kleiner als herkömmliche PKW sind, können sie für die meisten typischen Fahrten eingesetzt werden. Natürlich kann in einem Mopedauto keine Großfamilie Platz nehmen und auch in Sachen Isofix für Kindersitze sieht es schlecht aus, doch eignet sich auch ein kleiner Zweisitzer für Wege zum Arbeitsplatz oder zur Bildungsstätte. Immerhin ist der durchschnittliche PKW-Besetzungsgrad in Deutschland 1,5 – im Schnitt ist also jedes zweite Auto nur mit einer Person besetzt. Kleinere Einkäufe finden auch im Kofferraum eines Leichtmobils Platz, im städtischen Raum geht der Trend ja ohnehin dazu, sich alles vom Bierkasten bis zur Seife eben schnell direkt in die Wohnung liefern zu lassen. 

Einzig bei Überlandfahrten zeigen die Kleinstautos Schwächen, denn sowohl Reichweite als auch Fahrkomfort sind doch eher für kürzere Fahrten ausgelegt. Gerade offene Modelle wie der Renault Twizy oder kunststofflastige Leichtbau-Flitzer wie der Opel Rocks-E dürften auf längeren Fahrten an ihre Grenzen kommen. Ohnehin dürfen Fahrzeuge der Klasse L6e aufgrund ihrer begrenzten Geschwindigkeit nicht auf Autobahnen fahren, immerhin stellen sie mit maximal 45 km/h schon auf Landstraßen vielmehr ein Verkehrshindernis dar. Da ein Großteil der heutzutage mit dem Auto zurückgelegten Wege jedoch kürzer als 20 km sind, sind Langstreckenfahrten insgesamt ein seltener Anwendungsfall. Vielmehr dienen Leichtfahrzeuge als individuelle Mobilitätsoption für Kurzstrecken. Darüber hinaus können sie auch ergänzend als Zubringer zum ÖPNV in intermodalen Wegeketten ihre Vorteile ausspielen.  

Dies belegt auch eine Studie des DLR im Auftrag des Leichtfahrzeug-Interessenverbandes LEV-A. Demnach können 50 % der PKW-Fahrleistung beispielsweise auch mit einem Leichtfahrzeug der Klasse L7e ersetzt werden. 

Gewerblicher Einsatz von Leichtfahrzeugen

Voll entfalten können Leichtfahrzeuge ihr Potenzial im gewerblichen Bereich insbesondere dort, wo die Einsatzszenarien klar abgegrenzt sind, beispielsweise in der Entsorgungswirtschaft und den sogenannten KEP-Dienstleistungen, also Kurier-, Express- und Paketdiensten. Aufgrund ihrer geringen Größe und der üblichen Kleinserienfertigung können leichte Fahrzeuge speziell auf bestimmte Einsatzzwecke abgestimmt und gebaut werden. Infolgedessen gibt es eine Vielzahl von drei- und vierrädrigen Leichtfahrzeugen mit Pritschen- oder Kofferaufbauten. Wer einmal in Italien war, erinnert sich bestimmt an die kleinen dreirädrigen Transporter, die Piaggio Ape. Neben den klassischen Minitransportern mit Benzinmotor gibt es mittlerweile vor allem elektrische Leichtfahrzeuge für den gewerblichen Einsatz, beispielsweise von Herstellern wie Goupil oder Paxster. Im Einsatz punkten die Mini-Stromer mit niedrigeren Unterhaltskosten und Emissionen.

Municipal Cleaning Company (MPO Kraków) Goupil electric vehicle
Goupil Stadtreinigungsfahrzeug in Krakau, Polen © Longfin Media – stock.adobe.com

Im Bild sieht man ein Leichtfahrzeug von Goupil, welches zur Stadtreinigung im polnischen Krakau eingesetzt wird. Aufgrund der geringen Maße sind zwar mehr Touren nötig, die Fahrten sind durch die geringere Lärmbelästigung und Emissionen jedoch vertraglicher für den Tourismus. Insbesondere in historischen Stadtzentren sind nicht zuletzt oft enge Straßenzüge und Fußgängerzonen die Regel. Hier können elektrische Leichtmobile besser agieren als herkömmliche schwere Müllwagen. 

Des Weiteren bieten sich Leichtfahrzeuge auch für diejenigen Dienstleistungen an, bei denen eine Person viele kürzere Wege zurücklegen muss. Folglich sind Miniautos ideale Dienstwagen für mobile Pflegedienste, wenig materialintensive Handwerksbetriebe (beispielsweise Netzwerk- und Fernsehtechniker) und Unternehmen mit seltenen und innerörtlichen Dienstfahrten (beispielsweise kleinere Gemeinden). Ebenso gut lassen sich Fahrten auf großen Unternehmensgeländen oder Flughäfen mit Leichtfahrzeugen realisieren. Da durch einen elektrischen Antrieb keine lokalen Emissionen entstehen, können Miniautos dort theoretisch sogar im Indoor-Bereich, beispielsweise in Produktions- und Lagerhallen, zum Personen- und Warentransport eingesetzt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Leichtfahrzeuge überraschend viele Anwendungsfälle bedienen können. Einige reale Einsatzzwecke von Leichtfahrzeugen stelle ich demnächst in einem separaten Blogpost vor. 

Potenzial von Leichtfahrzeugen für die Verkehrswende

Zuletzt klären wir nun noch die Frage, wozu wir denn mehr Leichtfahrzeuge auf den Straßen brauchen. Logischerweise macht es genauso wenig Sinn, alle Autos durch Leichtfahrzeuge zu ersetzen, wie es für die Verkehrswende Sinn macht, alle Verbrenner durch Elektroautos zu ersetzen. Die Zauberwörter der Verkehrswende heißen immerhin (Verkehr) vermeiden, verlagern, verbessern. Leichtfahrzeuge kommen hier im letzten Schritt in Aktion, denn im Gegensatz zu großen PKW mit hohem Energie- und Platzverbrauch sind sie die smartere Lösung. 

Energieeffizienz und Emissionen von Leichtfahrzeugen

Um mehr Masse zu bewegen, benötigt es mehr Energie, das ist ganz klar. Umso leichter also ein Fahrzeug ist, desto weniger Antriebsenergie ist also notwendig. Da Leichtfahrzeuge der Definition nach leicht sind, haben sie hier einen Vorteil. Noch deutlicher wird dies, wenn man einmal den Stromverbrauch eines Leichtfahrzeuges wie dem Microlino (L7e) mit dem Kleinstwagen Smart ForTwo EQ und einem Elektro-SUV wie dem Tesla Model Y Standard Range vergleicht.

So verbraucht der Microlino nach Herstellerangaben 7 kWh/100 km, der kleine Smart EQ ForTwo ab 15,7 kWh/100 km und das Tesla Model Y ebenfalls 15,7 kWh/100 km. Schon anhand der Zahlen wird der Unterschied deutlich.

Pro Kilometer wird also beim Leichtfahrzeug deutlich weniger Energie verbraucht. Anders formuliert: Ein niedrigerer Energieverbrauch freut neben der Umwelt auch das Portemonnaie. Pluspunkt für die leichten Stromer.

Meine Kolleg:innen beim DLR berechneten in ihrer Studie potenzielle CO₂-Einsparungen von über 40 % durch den Einsatz eines Mix von Leicht- und Kleinstfahrzeugen auf den ersetzbaren PKW-Wegen, dabei trugen Microcars zu 14 % Einsparungen bei. Die Emissionen wurden dabei über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeuges betrachtet. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Elektrofahrzeug wie dem VW ID.3, bei dessen Produktion zwischen 11 und 14 Tonnen 14 % CO₂ verbraucht werden, verbraucht die Produktion eines Leichtfahrzeuges wie des Microlino (Klasse L7e, Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h) weniger als 4 Tonnen. 

Platzbedarf von Leichtfahrzeugen

Nicht nur Ressourcen wie Kohle oder Gas sind endlich, auch der Platz wird vor allem in unseren Städten immer knapper und damit wertvoller. Zudem konkurrieren im Straßenraum schon heute Autos, Lieferverkehr, ÖPNV, Fußgänger, Radfahrer und seit kurzem auch E-Scooter um jeden Quadratmeter Fläche. 

Und als ob das noch nicht genug wäre, will die FGSV in ihrem  (übrigens keinesfalls für den Entwurf verpflichtenden) überarbeiteten Regelwerk „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs“ in Zukunft noch breitere Parkplätze empfehlen.

Vergleich des Flächenbedarfs von Microlino, VW Golf und Tesla Model Y

Wir erinnern uns: zu keinem Zeitpunkt sind laut der Studie Mobilität in Deutschland mehr als 10 % der PKW in Deutschland unterwegs. Die vorgehaltenen Parkplätze nun auch noch zu verbreitern, schafft noch weniger Fläche für nachhaltigere Mobilitätsformen oder Grünflächen, die Städte lebenswerter machen sollen. 

Die Grafik zeigt einen Vergleich des Flächenbedarfs eines Microlino im Vergleich zum VW Golf und Tesla Model Y. Auf drei Parkplätzen mit der von der FGSV neu vorgeschlagenen Breite von 2,65 m können also statt 3 PKW gut 5 Miniautos wie der Microlino parken. Nehmen wir den durchschnittlichen PKW-Besetzungsgrad von 1,5 können auf der gleichen Fläche somit 7 statt 4 Personen einen Parkplatz finden. 

Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass Leichtfahrzeuge zu Unrecht eher ein Nischendasein fristen. Vor allem die Klassen L6e und L7e  bieten nicht nur eine energie- und raumeffiziente individuelle Mobilität mit autoähnlichem Komfort für eine breite Gruppe, sondern können auch schwerere Nutzfahrzeuge ersetzen. Die Einsatzzwecke sind dabei so vielfältig wie die Modellauswahl – und es kommen jährlich neue Modelle hinzu. Angesichts des modernen Designs von Microlino und Co dürfte auch das Rentnerimage der klassischen Mopedautos bald der Vergangenheit angehören. 

Minimobilität nimmt endlich Fahrt auf und wird sich in nächster Zeit hoffentlich als wichtiger Teil der Verkehrswende etablieren. Wir dürfen gespannt bleiben, welche Neuheiten uns in diesem Fahrzeugsegment in den nächsten Jahren erwarten.


AUF EINEN BLICK

  • Leichtfahrzeuge bezeichnen im Alltag meist drei- und vierrädrige Fahrzeuge der L-Klasse.
  • Diese sind deutlich leichter, kleiner und schwächer motorisiert als herkömmliche Autos.
  • Weitere Bezeichnungen für Leichtfahrzeuge sind Mopedauto, Leichtmobil, Leichtauto, Miniauto, Microcar.
  • Beispiele für Leichtfahrzeuge sind der Renault Twizy, Opel Rocks-E bzw. Citroën Ami und der Microlino.
  • Einige Leichtmobile (L2e, L6e) dürfen bereits ab 16 Jahren mit dem Rollerführerschein ( AM) gefahren werden.
  • Im Vergleich zu herkömmlichen PKW bieten Leichtfahrzeuge eine geringere Sicherheit durch ihre leichte Konstruktion und oft fehlende Sicherheitsfeatures wie ABS oder Airbags.
  • Miniautos punkten jedoch mit niedrigerem Kraftstoff- bzw. Stromverbrauch und daher weniger Emissionen.
  • Aufgrund ihrer kleinen Abmessungen erleichtern sie die Parkplatzsuche und sind somit die idealen Stadtautos für kurze Strecken und kleine Erledigungen.
  • Im gewerblichen Bereich gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten vom Dienstwagen über Stadtreinigung bis zum Werksverkehr.
  • Elektrische Leichtfahrzeuge können als energie- und raumeffiziente individuelle Mobilität mit einem autoähnlichem Komfort viele PKW-Wege ersetzen und damit zur Verkehrswende beitragen. 

Hat Dir der Post gefallen?

Dann teile ihn gerne in Deinen sozialen Netzwerken!


Titelbild © olrat – stock.adobe.com

Beitrag erstellt 10

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner