Blick auf die bretonische Küste, Bildmontage mit zwei Leichtfahrzeugen

Leichtmobil Recap Frankreich: Leichtfahrzeuge in der Bretagne und Paris

Hinter mir liegt ein Monat Elternzeitreise in Frankreich. Mit einem Leichtfahrzeug hätten wir unsere vierköpfige Familie samt Kinderwagen, Laufrad und Co. nicht bis in die Bretagne fahren können. Umso gespannter war ich, wie präsent Leichtmobile in Frankreich sein werden. Immerhin kommen viele namhafte europäische Hersteller wie Aixam, Renault und Citroën aus Frankreich. Außerdem scheint die Autoliebe in Frankreich nicht ganz so extrem zu sein wie hierzulande, die Anzahl der verbeulten und zerkratzten Autos, selbst in noblen Nachbarschaften, bestätigt dies.

Unsere Reise führte uns auf dem Hinweg entlang der nördlichen Atlantikküste über Dunkerque, Caen und St. Brieuc bis ins wunderschöne bretonische Badeörtchen Île-Tudy. Auf dem Rückweg verbrachten wir mehrere Tage in Paris. Somit konnte ich die eher ländlich geprägte Bretagne mit der Metropole Paris vergleichen, was die Verbreitung der kleinen Stromer angeht. Et voilà, meine Beobachtungen gibts nun hier.

Bretagne – Ministromer zwischen Traumstränden und Küstenstädtchen?

Etwas mehr als 3 Millionen Franzosen wohnen in der Bretagne, die sich im westlichsten Zipfel des Landes erstreckt. 123 Einwohner kommen dabei auf einen Quadratkilometer. Die größte Stadt ist Rennes mit 222.000 Einwohnern. Damit ist die Region von vielen mittelgroßen Städten und Badeorten geprägt. Die Entfernungen können durchaus groß sein, aber auch nahe gelegen Orte sind nicht immer schnell zu erreichen. Die Straßen schlängeln sich oft umständlich entlang der bretonischen Küste, was malerische Ausblicke zu Kosten einer längeren Fahrzeit verschafft. Nicht gerade optimales Terrain für die Ministromer. 

Citroën Ami als Exot im Nirgendwo

Dennoch konnte ich auf den Parkplätzen der Supermärkte und Hypermärkte wie Super U und E.Leclerc einige Citroën Ami (s. Bild unten) sichten. Immerhin reicht der kleine Laderaum auch für den täglichen Bedarf der Bretonen wie Baguettes, Käse, Austern uvm. Platz. Eine Flasche Wein findet auch im Fußraum des Ami Platz. So ist der Ami auch im eher ländlichen Raum der Bretagne eine schlaue Wahl, wenigstens als Zweitwagen. Aufgrund der spärlichen Ladeinfrastruktur ist er jedoch eher nicht für lange Ausflüge entlang der Küsten geeignet, es sei denn, man überredet den Besitzer einer der vielen Crêperien zum Laden an einer Steckdose des Lokals. Ganz wichtig also: Verlängerungskabel nicht vergessen! 

Citroen Ami auf einem Supermarktparkplatz
Citroën Ami auf einem Supermarktparkplatz in Pont L’Abbe

Das Leichtfahrzeug der Wahl für viele Franzosen bleibt daher der Aixam, ebenfalls aus französischer Produktion und im Gegensatz zum Ami zumeist als Benziner unterwegs. Damit lassen sich durchaus längere Fahrten bewältigen, hier dürfte eher der Komfort nach einiger Fahrzeit das Problem sein. Ähnlich wie hier zeigt sich jedoch auch in Frankreich eine klare Unterscheidung der Nutzer. Während im stylischen Würfelauto Ami eher jüngere Generationen und Fahranfänger unterwegs waren, stiegen aus den Aixam Modellen meist betagtere Fahrer:innen.

Goupil als Allzweckfahrzeug in kleinen Städten

In den bretonischen Städten und Badeorten scheinen die Minitransporter von Goupil hingegen fest zum Straßenbild zu gehören. Sowohl in Caen und Saint-Brieuc an der Nordküste als auch in Quimper und sogar im 750-Einwohner-Badeörtchen Île-Tudy waren Goupil Leichtfahrzeuge unterwegs. Die Variante mit Pritschenaufbau mit seitlichen Gittern zum Müllsammeln war dabei am meisten verbreitet.

Goupil Leichtfahrzeug im Einsatz für kleinere Landschaftsarbeiten in Île-Tudy

In Île-Tudy konnte ich zudem einen G4 mit LED-Warnschild als kommunales Leichtmobil für Landschaftspflege entdecken. Angesichts des engen Platzangebots in den teils historischen Innenstädten macht das Sinn, hier hätten große Müllfahrzeuge Schwierigkeiten und könnten längst nicht die Geschwindigkeiten der agilen Leichttransporter erreichen. Auch die im Vergleich zum herkömmlichen Mülltransporter geringere Ladekapazität des G4 ist hier kein Nachteil, denn aufgrund der niedrigen Kosten für Anschaffung und Unterhalt können stattdessen einfach mehrere Leichtmobile eingesetzt werden. Und in den malerischen Badeorten spielen die kleinen Stromer einen weiteren Vorteil aus: aufgrund ihrer geringen Größe können sie auch auf engen Strandwegen und Zufahrten fahren, die für größere Nutzfahrzeuge unpassierbar wären. Durch den elektrischen Antrieb wird außerdem Lärmbelästigung vermieden, sodass auch in den Morgenstunden Abfall gesammelt werden kann, ohne Anwohner:innen aus dem Schlaf zu reißen. 

Paris – wenig Lust auf Leichtmobile in der Stadt der Liebe

Meine Erwartungen in Sachen Leichtmobilität für das moderne Paris unter Anne Hidalgo waren nach den überraschend positiven Erfahrungen der verträumten Bretagne entsprechend hoch. Leider wurden diese enttäuscht, denn besonders viele Leichtfahrzeuge konnte ich nicht entdecken. Zwar ist Elektromobilität zweifelsohne en vogue in der französischen Hauptstadt, jedoch eher in Form von (im besten Fall) schlanken Tesla Model 3 oder riesigen PHEV-SUVs von Audi, Mercedes und Co. 

Positiv aufgefallen sind mir hingegen viele verkehrsberuhigte Straßen, in denen Fahrradfahrende und Fußgehende Vorrang haben. Und natürlich war es beim Spaziergang am Ufer der Seine auch für mich mittlerweile unvorstellbar, dass dort vor etwas mehr als 5 Jahren noch Autos fuhren. Hier geht Frankreich mit bestem Vorbild voran! 

Unsere Nachbarn gehen auch beim Parken etwas aggressiver vor: immer mehr Parkplätze werden zu Zweirad-Parkplätzen für Mopeds umgewidmet. Zudem muss man sich Parken in Paris leisten können und wollen. Preise von 4 €/h sind keine Seltenheit, auch in den umliegenden Gebieten wie beispielsweise Vincennes, wo unsere Ferienwohnung lag. Dort sah ich im Pariser Raum auch die meisten Leichtfahrzeuge, besonders Modelle von Aixam waren unterwegs. Ansonsten ist dieser eher noble Vorort mehr von größeren „Familienautos“ und SUV geprägt. 

Da ich nicht glauben konnte, dass Leichtfahrzeuge in Paris nicht einmal für Zwecke wie Müllsammlung etc. eingesetzt werden, recherchierte ich ein wenig. Und tatsächlich, auch in Paris sollen Leichttransporter von Goupil im Auftrag der Stadt unterwegs sein. Dass dies allerdings nicht tagsüber vor den Augen von tausenden Touristen am Eiffelturm, Louvre oder auf den Champs Elysees passiert, ist eigentlich logisch. Vielleicht frage ich also vor meinem nächsten Besuch einmal nach den Einsatzplänen für die leichten Müllfahrzeuge. Oder ich genieße lieber noch ein frisches Croissant am Palais Royal und lasse mich überraschen…


Insgesamt hatte ich mir für Frankreich mehr erhofft, da hier quasi die Wiege der leichten Stromer liegt. Doch wieso sollte es unsern Nachbarn anders ergehen als uns, auch dort werden die Fahrzeuge immer größer und schwerer, und das trotz der oft schmalen Straßen. Dennoch war es schön zu sehen, dass selbst im ländlichen Raum Leichtmobilität zu finden ist und die Franzosen generell auf einem guten Weg in Richtung mensch- und klimagerechter Mobilität und Stadtgestaltung sind. 

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Titelbild: eigene Fotomontage, Blick vom Phare D’Eckmühl auf die Küste

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